Weihnachten im Hochsommer?
Drei Konzerte entführen Publikum musikalisch nach Lateinamerika
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Es ist ein hochsommerlicher August-Tag, an dem sich mitten in München in der Musikschule „artetonal“ fünf Musiker zu einer Probe treffen. Die Hitze hier im Zentrum ist trotz des Grüns in den Höfen drückend und es fällt Stefan (dem einzigen Deutschen in der Runde) wirklich schwer, sich auf das Thema der Probe einzustellen: Weihnachten!
Aber für die anderen gehen die Temperaturen und das Christfest gut zusammen: „Bei uns zu Hause ist Weihnachten im Hochsommer.“ schmunzelt Augusto, der genau wie seine Mitmusiker Juan und die Brüder Yerar und Fernando aus Peru kommt. Zusammen sind sie das Ensemble Canto Andino.
Sie sind es, die den Weihnachtslieder-Arrangements von Stefan Jänke heute erstmals Leben einhauchen werden. Arrangements, die er für ein Projekt mit Großenhainer Chören geschrieben hat: Wantewitzer Kirchenchor und Kantorei Großenhain werden sie am 2. Advents-Wochenende in drei großen Konzerten gemeinsam mit den Peruanern in Riesa, Radeburg und Großenhain singen.
„Weihnachten wird in Lateinamerika anders gefeiert, als hier in Deutschland.“ erzählt Augusto, der Kopf des Ensembles. „Statt der ,stillen Nacht‘ haben wir eine ,schrille Nacht‘ – es wird getanzt und laut Musik gemacht.“ Yerar fügt hinzu: „Und es gibt Böller und Feuerwerk!“
„Und man feiert auch nicht so privat wie in Deutschland.“ ergänzt Fernando. „Die Häuser haben offene Türen – natürlich auch wegen der hohen Temperaturen – man trifft sich aber mit Familie und Freunden draußen. Zum Beispiel an einem „nacimiento“. Das sind Krippendarstellungen mit teilweise überlebensgroßen Figuren, die jede Familie zwar auch zu Hause hat, die es aber auch in fast jedem Ort an öffentlichen Plätzen gibt.“
Juan erzählt von Traditionen in seiner Kindheit: „Das Christkind kommt um Mitternacht, und wenn es da ist, gibt es die ,abrazos de navidad‘ – die Weihnachts-Umarmung. Und das schließt auch Leute ein, mit denen man sich kurz zuvor noch gestritten hat. Man entschuldigt und versöhnt sich.“
„Genau“ sagt Augusto „es ist die Nacht des Friedens. Auf spanisch lautet der Text des weltberühmten Liedes nicht ,Stille Nacht, heilige Nacht‘, sondern ,noche de paz, noche de amor‘ (Nacht des Friedens, Nacht der Liebe).“
Und mit den Worten nimmt er die Gitarre und spielt das weltbekannte Weihnachtslied im Rhythmus einer „cumbia“, eines aus Kolumbien stammenden Tanzes. Die anderen stimmen ein und schon swingt das Lied ganz anders, als es Stefan gewohnt ist, jedoch voller Fröhlichkeit. Stefan nimmt das Ganze gleich auf, um es dem Chor zu Hause vorspielen zu können, damit der sich ein „Bild“ davon machen kann, wie er dann singen darf.
Die Musiker lesen und hören sich gemeinsam in Lieder aus Argentinien und Kolumbien, aus Mexico und Puerto Rico ein – und sie üben auch ein besonderes Werk: die „Misa Criolla“ des argentinischen Komponisten Ariel Ramirez.
Gut 20 Jahre zuvor hatte Stefans Vater Joachim Jänke diese Messe erstmals in Großenhain mit dem Vokalkreis aufgeführt. Und damals war Augusto Aguilar schon dabei. Er lebt schon einige halbe Ewigkeit in München und ist eigentlich klassischer Oboist. Aber mit Gitarre und Percussion ist er Funken sprühender Tanzmusiker. Yerar Chavez ist nicht nur Musiker, sondern auch Toningenieur und Musikpädagoge und hat genau wie sein Bruder Fernando Chavez mit seinen unterschiedlichen musikalischen Projekten und Bands zahlreiche Länder bereist. Komplettiert wird das Ensemble durch den Pianisten Juan José Chuquisengo. Und Pianist meint hier wirklich: er ist ein echter Konzertpianist, der als Solist in den großen Konzerthäusern der Welt gastiert und dabei aber immer die Liebe zur Folkore seiner Heimat behalten hat.
Jetzt sind alle beisammen und entwickeln Groove und Abläufe für die Arrangements, die zu Weihnachten in Sachsen klingen sollen. Es wird getestet, welche Percussion-Instrumente am besten passen, ob die Charango (Ukulele-artige kleine Gitarre) oder doch besser die Quena (eine Flöte) das Solo übernimmt.
Und die Chemie stimmt zwischen den Musikern – gemeinsam werden sie mit der Kantorei Großenhain und dem Wantewitzer Kirchenchor dann im Dezember – wenn es draußen dann deutlich kälter sein wird – in den Kirchen von Riesa (Fr, 06.12., 19.30 Uhr), Radeburg (Sa, 7.12. 17.00 Uhr) und Großenhain (So, 8.12. 17.00 Uhr) auf lateinamerikanische „Temperatur“ bringen. P.S. Alle drei Kirchen werden geheizt sein. (Presseteam Chor)